Das Weihnachts-Gerippe
Die Geschichte vom hübschesten Baum aller Zeiten
Groß, gerade gewachsen, buschig und nach Tanne duftend… so habe ich mir meinen diesjährigen Weihnachtsmann, äh – Weihnachtsbaum vorgestellt. Aber es sollte dieses Jahr alles anders kommen…
Mein Mann und meine Söhne hatten gestern den Auftrag einen Weihnachtsbaum zu besorgen. Ich habe mich noch gewundert welcher Handel um 22 Uhr noch offen hat, aber ich dachte, ich mische mich nicht ein. Schließlich will ich mich nicht um alles kümmern und einen Teil der Weihnachtsvorbereitungen delegieren. Komisch war auch, dass mich meine drei Söhne nach Stirnlampen und schwarzen Mützen gefragt haben. Aber wie gesagt, ich wollte mich nicht einmischen…
Ich sitze in meinem Sessel vor dem Kamin, mein Mann hat Weihnachtsmusik aufgelegt und ich schaue meinen Kindern dabei zu, wie sie den Weihnachtsbaum hereinschleppen um ihn zu schmücken. Aber, ähmmm Moment…. was ist das denn?!? Seit wann kann mein Sohn einen Baum, wie ich ihn mir vorstelle, alleine tragen?
Die Herrschaften stellen den Baum auf und mir wird die Milch im Kaffee sauer – mein Prachtbaum ähnelt eher einem Bettelbaum und mir wird aus Sympathie mit dem Bäumchen kalt. Selbst Bäumchen ist noch übertrieben, denn es handelt sich um ein dürres Stämmchen mit sehr zarten Ästchen an denen sich feine, kaum sichtbare grüne Nadeln reihen. “Gab es keinen anderen Baum mehr?”, frage ich vorsichtig. “Das war der schönste Baum weit und breit”, bekomme ich als einstimmige Antwort. “Und frisch ist er auch!”
Klirr….das war eine Weihnachtskugel. Klirr….das war die nächste. Die zarten Äste von dem Gerippe halten keine meiner Glaskugeln aus. Sie biegen sich unter der schweren Last nach unten. Spontan denke ich an die Apfelbäume im Garten mit den hängenden Ästen voller Äpfel im Herbst. Ich schaue vorsichtig um die Ecke. “Wir haben im Keller noch Kugeln aus Plastik” merke ich an. “Kann mal jemand den Staubsauger holen und die Scherben aufsaugen?”, ruft mein Mann.
Ich versinke in meinem Ohrensessel und grinse in mich hinein. Mein Mann stöhnt und bringt vom Speicher eine alte Kiste mit Weihnachtsdeko. “Hier müsste noch das alte Lametta von Opa drin sein”, meint er. Und er hat recht.
Und so schmücken meine Kinder den Baum mit bunten Plastikkugeln, Strohsternen und Lametta. “Leise rieselt der Schnee…” tönt es aus den Lautsprechern und im gleichen Takt rieseln die Nadeln auf das Parkett. Hatte ich nicht eben noch Schwüre auf die Frische des Baumes gehört?
Ich lehne mich zurück und denke, dass es doch eigentlich ganz egal ist. Es ist egal wie der Baum aussieht, es ist egal wie er geschmückt ist und eigentlich ist es auch egal ob er noch Nadeln hat oder nicht. Das Wichtigste ist, dass meine Kinder ihn schön finden, es uns gut geht und wir ein schönes Weihnachtsfest haben.
Wie ich allerdings meiner Schwiegermutter am Heiligen Abend erkläre woher der Baum kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Ich lehne mich zurück und tausche meinen Kaffee spontan in eine Tasse Glühwein…
Chill doch, Mama!